Politiker sollten sich des Gesetzes der Zweiheit besonders gewahr sein. Politische Tätigkeit ist im Grundsatz ein Ausdruck von Inklusionsarbeit, dient sie dem Erhalt von Ordnung und der Harmonisierung der Kräfte – auch derjenigen im Menschen selbst! Politische Führung kann immer nur so gut funktionieren und ihre Verantwortung wahrnehmen, wie sie sich des Gesetzes der Polarität und Dualität bewusst ist. Zu wissen, der eine Pol lenkt den anderen, das Äussere wirkt auf das Innere und umgekehrt, das macht gute Politik aus.

Der Politik ist aufgetragen,
die wirkenden Pole innerhalb der Gemeinschaft auszugleichen.
Je mehr ihr das gelingt, desto besser funktioniert das System und desto erfolgreicher ist eine Gesellschaft.

Politiká stand im antiken Griechenland für Fragestellungen, welche in Verbindung mit dem Gemeinwesen standen – die Staatsgeschäfte beziehungsweise die Dinge, «welche die Stadt betreffen». Ursprünglich wurde sie als Mittel verstanden, um innerhalb eines Staates beziehungsweise einer grösseren kollektiven Gruppierung die Ordnung zu erhalten. Die Polis – für Stadtstaat, der Staat – wird als ein Zusammenschluss freier und gleicher Bürger charakterisiert und beinhaltet alle Formen des menschlichen Zusam-menlebens. Sie bezeichnet ursprünglich die das Königtum und die Adelsherrschaft ablösende bürgerlich demokratische Verfassung. Zugleich ist es die «Bezeichnung für die politische Gemeinschaft, der jeder natürlicherweise angehört, die ihn erzieht und schützt, die sein Betätigungsfeld darstellt, die zu schützen die erste Pflicht des Einzelnen ist.» Politik wurde in früheren Zeiten als etwas Heiliges verstanden; vor ihrem Gericht erschienen selbst die Götter. Diese hohe Auffassung der Politik geriet allerdings seit dem 4. Jahrhundert allmählich in Verfall.

Bedeutung und Wert guter Politik offenbaren sich in einer Zeit, in der unzählige gesellschaftliche Unterschiede deutlich zu Tage treten, umso mehr. Politik muss extreme Tendenzen zu verhindern wissen. Sind diese existent oder anwachsend, nimmt sie ihre ursprüngliche Aufgabe nur unzureichend wahr. Politik muss sich dafür einsetzen, Gräben zwischen unterschiedlichen Interessensgemeinschaften zu verringern, und alles dafür tun, dass der soziale Friede und das Allgemeinwohl nicht gefährdet sind. Sie muss vermeiden, dass die Gesellschaft den vermeintlich einfachsten Weg gehen und unverzüglich für alles eine Lösung haben will. Denn die schnellste Lösung ist nicht immer die beste.

Politische Verantwortung zeugt davon, gemeinsam etwas zu erschaffen und zu erhalten, das die Vielfalt im Gemeinsamen widerspiegelt. Starke Einheit durch Vielfältigkeit – darum geht es. Respekt, Toleranz, Wertschätzung gegenüber dem Andersartigen und der gesunde Diskurs sind zu fördern, damit eine Gemeinschaft wachsen, gedeihen und sich weiterentwickeln kann. Nur dann wird ein Volk stark und vital.

Der Politik obliegt die Aufgabe, verschiedene Welten, Kräfte und Wesen in einem System zu vereinen und mit den Erfordernissen der Zeit abzugleichen, so dass sich darin alle zurechtfinden und wiederum ihren Aufgaben und Bestimmungen nachgehen können. Sie hat Antworten auf die drängenden Fragen des Kollektivs zu liefern. Ihre Fähigkeit, widerstreitende Interessen als solche zu erkennen und für friedlichen Ausgleich zu sorgen, zeichnet sie aus. Sie muss Wege finden, wie verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse miteinander in Verbindung gebracht werden können, und damit eine freie und gesunde gesellschaftliche Entwicklung gewährleisten. Sie weiss um die Bedürfnisse der Menschen und nimmt diese ernst. Regierende müssen sorgsam darauf achten, das Gespür für ihr politisches Handeln nie zu verlieren.

Respekt ist die Grundlage einer prosperierenden Gesellschaft.

Einschränkung, Bevormundung, Gleichmachung, Überwachung und Diskriminierung sind keine Attribute guter Politik, und schon gar nicht der neu anbrechenden Zeit. Ganz im Gegenteil. Diese Verhaltensweisen stehen dafür, was wir als Gesellschaft abzulösen haben. Bedingungslose Gesetzestreue und unsinnige Prinzipien schädigen jedes System und stehen für politische Unausgeglichenheit. Gute Politik ermächtigt nicht sich selbst, sondern die Bürger. Sobald Politik sich nur noch mit Richtlinien und Geboten beschäftigt und die Einhaltung der Norm wichtiger erscheint als Menschlichkeit, Freiheit und Lebendigkeit, erstarrt und verhärtet eine Gesellschaft. Die vielen Aspekte, die das soziale Leben ausmachen, dürfen nicht aus dem Lot geraten. Sobald dies der Fall ist, herrscht Ausnahmezustand und die Gemeinschaft ist nicht mehr in ihrer Mitte – und damit nicht in ihrer Kraft!

(Auszug aus: Führend Sein., Christine N. Kloess, 2022)

„Im 21. Jahrhundert wird es keinen dritten Weltkrieg geben. Wohl aber sind wir dabei die Zahl der gleichzeitig lebenden Menschen auf dem Erdball zu steigern. (..) Folge ist, dass diese Menschenmassen über Fernsehen, Internet hysterisierbar sind.“
Helmut Schmidt, Altbundeskanzler, 2007

Wir sind in bedeutsamen Zeiten und das Verhältnis von Individuum und Kollektiv wird massgeblich geprüft. Ein grosses Thema der kommenden zwanzig Jahre und darüber hinaus. In Massenbewegungen schlummern unkontrollierbare Gefahren. Kollektiver Fanatismus ist eine davon. Was die Macht des Kollektiv so besonders gefährlich macht, ist, dass die Masse den Einzelnen davor schützt, Verantwortung zu übernehmen. Oft wird ein Kollektiv schneller als ihm bewusst ist, ein Opfer gelebter Machtpolitik. Albert Einstein sprach immer davon, wie wichtig es sei, niemals damit aufzuhören, Fragen zu stellen. Sobald wir aufhören, die Gegebenheiten verstehen zu wollen und nach dem Weshalb zu fragen, entledigen wir uns der Verantwortung und übertragen die Handlungsvollmacht an andere.

Unbewusste, unkontrollierte und unbeschränkte Macht ist bedrohlich; in politischen Systemen ist es essentiell, dass die Macht nicht unbegrenzt an- und verwendbar ist. Viel zu oft, zu schnell und zu unüberlegt oder aus Angst werden innerhalb der Gesellschaft Menschen und Ideen angegriffen, die nicht der allgemeinen Norm entsprechen. Differenzierung, Individualität und Vielfältigkeit sind jedoch der Grund einer gesunden Lebenskultur.

Jeder von uns hat jederzeit aufmerksam zu beobachten, wie sich das allgemeine Verhalten entwickelt, um ungesunde Entwicklung rechtzeitig zu erkennen: Wird nach Lösungen gesucht? Sind öffentliche Äusserungen von Konstruktivität geprägt? Werden Herausforderungen positiv angegangen? Wird Eigenverantwortung gelebt? Oder wird die Schuld bei anderen gesucht und sind Negativität, Angst, Destruktivität und Drama den Ton angebend?

Unsere Gemeinschaft gedeiht nur dann, wenn Solidarität, Respekt und Toleranz gegenüber dem einzelnen Menschen gewahrt werden. Ausgrenzung Einzelner oder von Minderheiten durch Machtapparate deuten auf eine ungesunde Entwicklung hin. Mitmenschlichkeit und Mitgefühl zu fördern, ist eine der wichtigsten Aufgaben der modernen Gesellschaft. Von gesellschaftlicher Reife zeugt, wenn mit Freiheit, Friede, Vertrauen und Unabhängigkeit gefördert wird und die Würde und die Rechte des Einzelnen gewahrt werden.

Die Zukunft gehört den Nationen, die es verstehen, neue Wege einer freiheitlich geprägten und menschenfreundlichen Politik zu gehen – und nicht jenen, die menschenfeindliche Kontroll- und Machtpolitik betreiben. Die Vielseitigkeit als Basis einer gut funktionierenden Einheit macht den entscheidenden Unterschied.

Quelle: Christine N. Kloess, WIR SIND., 2016

Wir sind mittendrin, mitten in ausserordentlich bewegten Zeiten, die exorbitante gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringen und die Geschichte schreiben. Entwarnung ist noch nicht in Sicht. Davon zeugen nicht nur derzeitige Verhaltensweisen von Mensch und Gesellschaft und die damit verbundenen äusseren Erscheinungen, sondern ein Blick in die Sterne vermittelt dies ebenso. Ruhe kommt nicht so schnell auf, dennoch sollten wir selbst die Ruhe bewahren und dort ins Handeln kommen, wo dieses jetzt verlangt ist und benötigt wird. Nicht schlafen ist die Devise, sondern erwachen und aufstehen lautet das Credo der aktuellen Stunde. Dabei werden wir wohl noch so einige Überraschungen und Offenbarungen erleben. Das ist der Charakter der aktuellen Zeit.

Immer wieder frage ich mich: Wie werden wir eines Tages darüber denken und sprechen, wie wir als Gesellschaft darauf reagiert und damit umgegangen sind, womit wir heute konfrontiert sind? Werden wir die Lektion verstanden haben und die Aufgabe, die uns das Leben damit stellte, gut gemeistert haben? Werden wir, stolz darauf sein können, wie wir agiert haben? Werden wir Freude empfinden, wenn wir uns daran erinnern, welchen Beitrag wir geleistet haben, um die Herausforderung innerlich und äusserlich, privat und beruflich, individuell und kollektiv zu meistern? Werden wir es mögen, wie wir mit anderen Menschen umgegangen sind? Werden wir mit gutem Gewissen sagen können, es war richtig, was wir getan, entschieden und unternommen haben? …

Welche Antworten wir uns auf diese Fragen geben werden, liegt in unserer Hand. Hier und heute, jeden neuen Moment können wir dazu beitragen, dass wir mit einem guten Gefühl agieren und später mit einem ebenso guten Gefühl darauf zurückblicken. Wie uns das gelingt? Indem wir Verantwortung für uns übernehmen – also unser Dasein, unser Denken, Fühlen und Handeln mit unserem Inneren abstimmen und uns von äusseren Einflüssen freimachen. Wir dürfen und müssen auf uns selbst vertrauen. Die für einen individuell richtigen Antworten – jene, die in Einklang mit unseren Lebensaufgaben stehen und unserem und dem Wohl anderer dienen – sind einzig in uns selbst zu finden. Niemand anders kann sie uns geben.

Die für einen richtigen Antworten zu finden, dabei helfen uns unter anderem folgende 7 Fragestellungen:

1. VERTRAUEN STATT ANGST
„Von welcher Haltung bzw. welcher Kraft ist mein Agieren geprägt?“
Von Vertrauen, Freude, Zuversicht und Positivität – oder von Angst, Zweifel, Unsicherheit, Bequemlichkeit und Egoismus? Wir wissen es alle und doch ist keiner vor ihr gefeit: Angst ist niemals ein guter Ratgeber, sie ist eine Fessel der Menschheit. Angst ist ein Gradmesser, wie weit man sich von sich selbst wegbewegt hat. Ihrem Diktat zu folgen tut niemandem gut – weder den Menschen, die sie verspüren, noch jenen, die sie verbreiten. Angst führt immer zu Trennung: Sie trennt einen von sich selbst ab, trennt die Menschen von einander ab. Jedes Mal, wenn die Angst dominiert, gilt es, diese vollzogene Trennung zu erkennen und sich zu fragen: Wozu habe ich die Verbindung verloren? Und: Wie kann ich diese wiederherstellen?

2. BEWUSSTER EINSATZ DER EIGENEN KRAFT
„Was will ich von Herzen bewegen?“ und „Was ist im Rahmen meiner Bestimmung meine Aufgabe? Wie werde ich hier und jetzt mit meinen Fähigkeiten gebraucht? In welcher Welt möchte ich künftig leben und was trage ich dazu bei, diese entstehen zu lassen?“ Jeder schreibt seine eigene Geschichte – und damit die kollektive Geschichte mit. Wir haben es in der Hand! Jeden Tag können wir uns entscheiden, was wir bewegen, wofür wir uns einsetzen wollen, was wir tun oder nicht mehr tun. Jeder Tag ist eine neue Chance, um die Dinge in die Hand zu nehmen.

3. EIGENSTÄNDIGKEIT UND UNABHÄNGIGKEIT
„Wie selbständig und eigenverantwortlich bin ich? Stehe ich zu mir und dem, was mich von Herzen ausmacht und bin ich mir selbst treu? Oder folge ich etwas, das nicht meins ist, wenn ich ganz ehrlich bin?“ Es geht darum, auf sich selbst zu bauen, Haltung einzunehmen, eigenständig zu sein und für das einzustehen, wovon man spürt, dass es für einen wichtig ist – unabhängig davon, was andere darüber denken mögen. Selbst-Bewusstsein, innere Klarheit und Ehrlichkeit bilden die Basis dafür. Und eine Portion Mut gehört natürlich auch dazu!

4. WEITER DENKEN, NEUER UND GANZER DENKEN
„Wie sehr bin ich bereit, neuer und anders zu denken? Kann ich mir vorstellen Unmögliches für möglich zu halten?“ Um eine Sache zu verstehen und ganz zu sehen, bedingt es, verschiedene Blickwinkel einzunehmen. Sie und ich, wir können beide zeitgleich auf den Zürichsee schauen. Sie tun es von Zürich aus, ich von Rapperswil aus. Jeder von uns blickt also auf denselben See – und dennoch offenbart sich jedem ein ganz anderes Bild.
Wir müssen bereit sein, über den Tellerrand hinauszublicken, immer wieder den Sprung von der Frosch- in die Vogelperspektive vorzunehmen, das Unmittelbare zu überwinden und die Gegebenheiten und Möglichkeiten neu denken und miteinander zu verknüpfen. Bekanntlich ist nichts so, wie es scheint und wie heisst es doch so schön: „Ich weiss, dass ich nichts weiss!“

5. SELBST-VERTRAUEN
„Wie sehr vertraue ich meiner inneren Wahrnehmung, meinem Bauchgefühl, meiner Intuition?“ Es gilt, immer wieder daran zu denken: Andere können sich irren. Die Intuition, die für das innere Wissen eines Menschen steht, jedoch nicht. Sie bezieht bei ihrer Informationsbeschaffung weit mehr Aspekte ein als der Verstand es jemals kann. Die innere Stimme, diese in uns liegende Führung, weiss immer mehr, als der Mensch im einzelnen Moment es tut. Im Zeitalter des Wissens sind wir darauf angewiesen, unser inneres Wissen zu aktivieren und zu fördern, ansonsten werden wir keine gewinnbringenden Antworten finden und nicht das tun, wozu wir fähig und bestimmt sind.

6. AUSGEWOGENHEIT STATT EXTREMITÄT
„Wie ausgewogen gehe ich vor? Wann bin ich ganz in meiner Mitte, wann falle ich in das eine oder andere Extrem?“ Das Gesetz des Ausgleichs ist ein natürliches Lebensgesetz. Nicht umsonst gilt das Agieren aus der eigenen Mitte heraus als ein Schlüsselelement rechten Handelns! Extreme aller Art sind nie gut. Sie sind gefährlich und richten enormen Schaden an. Ein Blick auf die Geschichte offenbart dies mehr als genug. Ebenso finden sich im eigenen Leben genügend Beispiele dafür, was extreme Denk- oder Verhaltensweisen anrichten.

7. HARMONISIERUNG STATT POLARISIERUNG
„Polarisiere ich noch oder harmonisiere ich schon?“ Die derzeitig rasant vor sich gehende und von vielen Teilen der Gesellschaft – bewusst oder unbewusst – angetriebene Spaltung ist eine weit grössere Bedrohung als vielen bewusst ist und hierin liegt eine der grössten Aufgaben der 2020er-Jahre. Zu einem neuen Gemeinschaftsbewusstsein zu finden, ohne die Vielseitigkeit abzuschaffen und alles gleichmachen zu wollen, ist eine der zentralen Aufgabenstellungen unserer modernen Gesellschaft. Einheit in Vielfalt ist das Ziel. Und dies beginnt beim Einzelnen selbst, im eigenen Alltag – und im Bewusstsein, dass alles letztlich eins ist und miteinander in Verbindung steht, auch wenn es noch so gegensätzlich erscheint. Jeder ist aufgerufen, Brücken zu schlagen, harmonisierend und integrierend zu wirken. Damit beginnt die Veränderung. Darum herum kommen wir nicht. Mitgefühl und Toleranz sind Trumpf, Polarisierung ist out.

Unterschätzen Sie bitte Ihre Kraft und Ihren Einfluss nicht – vor allem nicht dann, wenn Sie von Herzen handeln und in Verbindung mit sich selbst sind. Vertrauen Sie sich. Vertrauen Sie Ihrer Kraft und Ihrer Fähigkeit, das umzusetzen, wovon Sie innerlich spüren, es jetzt umsetzen zu „müssen“. Besondere Zeiten verlangen immer nach besonderem Einsatz. Jeder Beitrag zählt, im Kleinen wie im Grossen!

Und wir dürfen niemals eins vergessen: Letztlich wünschen wir uns doch alle dasselbe: Friede, Freiheit, Freude… und Liebe! Diesen Wunsch zu verwirklichen, daran sollten wir unaufhörlich arbeiten. Ungezwungen und selbstbestimmt zu leben ist die Essenz jedes Lebens – und das Recht jedes einzelnen Menschen.

Die Welt ordnet sich neu. Die Weichen für eine neue Weltordnung werden gestellt. Wir befinden uns nun mittendrin in diesem weitreichenden Prozess! Deshalb ist auch politisch und gesellschaftlich so vieles in Aufruhr. In den letzten Jahren haben international einige Persönlichkeiten politisches Parkett betreten, die hier sind, um alles mächtig aufzumischen und damit der Erneuerung auf der Welt zu dienen. Dies jedoch auf sehr unterschiedliche Weise. Nicht jede Vorgehensweise mag uns dabei auf den ersten Blick als sinnvoll oder neuzeitlich erscheinen. Aber wirksam sind sie in den meisten Fällen und verfehlen ihren Zweck ganz und gar nicht …

Viele Nationen sind in Bewegung, in einem grundlegenden Wandel begriffen. Regierungen und ihre Strukturen werden getestet. Fundamente wollen erneuert werden, Veraltetes und Ausgedientes muss losgelassen werden. Das verhält sich bei Nationen, Regierungen und politischen und gesellschaftlichen Systemen nicht anders als bei jedem Einzelnen von uns. Nichts bleibt unangetastet von dem immer stärker werdenden Wind der Veränderung, der nichts anderes von uns will, als pure Erneuerung und Weiterentwicklung – kollektiv wie individuell.

Jede Nation hat derzeit so ihre Herausforderung. Man denke an den Brexit, der in Grossbritannien und Europa die Gemüter der Politiker beschäftigt und die politischen Strukturen und Bündnisse zutiefst einer Prüfung unterzieht. Oder man schaue in die USA, wo ein Mann eine Nation spaltet und international ein mächtig unberechenbares Durcheinander veranstaltet. Was überall bei genauem Hinsehen zu erkennen ist: Die Handlungen der Regierungen fordern das Volk; die Bürger und ihre Entscheidungen fordern ihre Führung; und alle ihre Befindlichkeiten und Prüfungen tangieren alle anderen auf der Welt. Mal mehr, mal weniger. Alle Seiten fordern einander heraus. Und jeder tut dies auf seine ganz eigene Weise!

Eine andere Nation, deren Regierung und Volk ebenso tiefgreifend herausgefordert sind, ist Frankreich. Ein Land, das ich persönlich sehr mag und mir sehr am Herzen liegt und ich ihm deshalb den ersten Blog des neuen Jahres widme. Das ist aber nicht der einzige Grund. Denn weiter wird es von einem Mann angeführt, mit dem es sich aus Sicht seines individuellen Potentials, seiner kollektiven Aufgabe und seiner energetischen Eigenheit sehr spannend zu beschäftigen ist. Und zudem passt der Wahlspruch der Französischen Republik – «Liberté. Egalité. Fraternité.» – zur aktuellen Zeit wie ein Fisch ins Wasser. Die drei Worte verdeutlichen im Grundsatz, worum es für uns alle geht – als Individuum, als Gesellschaft. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Ja, darum geht es – ohne dass dabei jedoch Eigenverantwortung, Individualität und Freiheit des Menschen in Frage gestellt werden! Dies sei an dieser Stelle unbedingt gesagt, um jegliche Missverständnisse bei der Interpretation der drei Begriffe zu vermeiden.

Tja, «La Grande Nation» ist wie viele andere in Unruhe geraten, und es gilt auch für sie, neue Lösungen zu finden und nicht mehr länger an veralteten Strukturen festzuhalten. Regierende haben sich in der jüngeren Geschichte immer wieder daran gemacht, sich diesem Unterfangen zu widmen. Jedoch ohne Erfolg. Jeder, der sich daran versucht hat, ist danach am politischen Himmel schnell untergegangen.

Nun ist ein neuer Stern aufgetaucht, im wahrsten Sinne des Wortes: Emmanuel Macron. Der junge französische Präsident, der seit 2018 im Amt ist. Dessen Aufstieg am politischen Himmel ein Beweis dafür ist, welche grossen und kleinen Wunder sich heutzutage ereignen und wie das Undenkbare plötzlich zur Realität wird. Tja, er ist nun da – und auch er versucht sich erneut an der für Frankreich eigentlich unumgänglichen Aufgabe, die es jedoch bisher immer vehement von sich gewiesen hat. Gerade heute titelte ein deutschsprachiges Nachrichtenportal zur aktuellen Lage im Elysée Palast: «Das Junggenie im Fegefeuer.» Und dies bringt es gut auf den Punkt. Man könnte schon fast meinen, die Journalisten kennen Macrons individuelle Prägung.

Wie gesagt – keinem ist es in jüngerer Zeit gelungen, das Land sozialpolitisch und wirtschaftlich in die längst fällige Erneuerung zu führen und das Volk in mehr Eigenverantwortung zu führen. Wird es Macron nun schaffen? Weshalb sollte es gerade ihm gelingen, wenn zuvor so viele starke Geister daran gescheitert sind?

Übergeordnet betrachtet ist Macron zu dieser Aufgabe berufen und nicht zufällig in die Position des Regierenden aufgestiegen. Seine Bestimmung ist es, mit Hilfe der ihm gegebenen Erneuerungskraft Transformation zu ermöglichen. Als ein Mensch mit besonderen seelischen Qualitäten, der über enorme regenerative und verantwortungsbewusste Energien verfügt und dem aufgetragen ist, als ein Verantwortung Tragender Wandlung machtvoll herbeizuführen – wenn er denn auf seine innere Führung hört und weise vorgeht.

Sein Schicksal ist eng mit diesem von Frankreich verknüpft – und umgekehrt. Nicht nur sein Land befindet sich in einer starken Transformationsphase, Macron selbst in seiner individuellen Entwicklung ebenfalls an einem kritischen Punkt seines Lebens, der ihn vor harte Prüfungen stellt. Seine persönlichen Prägungen verdeutlichen, dass er sich in einem Lebenszyklus befindet, der ihn dazu auffordert, seine Persönlichkeit einer tiefen Wandlung zu unterziehen und dafür offen zu sein, neue Standpunkte einzunehmen. Persönlich steht er vor einer echten Reifeprüfung.

«Le Président de la République» bringt grundsätzlich die Kraft und Macht mit, Frankreich von Grund auf zu verändern und zu erneuern. Und es spricht vieles dafür, dass er die Zeichen der Zeit für sich selbst und in Bezug zur Lage seines Landes wahrzunehmen versteht. Vieles deutet darauf hin, dass er die an ihn persönlich gestellte Herausforderung annimmt und erkennt, was er in seiner Handlungsweise zu verändern hat, damit seine Ideen und wegweisenden Visionen für andere annehmbar werden. Und dass er spürt, was es benötigt, um die Krise zu meistern, die Menschen durch die Zeit des nicht nur leichten transformativen, sondern auch schmerzhaften Übergangs bis hin zur gewinnbringenden Erneuerung erfolgreich anleiten zu können.

Gelingt es ihm, der Regierung und den Bürgern – also den Franzosen insgesamt, offen für einen gemeinsamen Weg in das Neue zu gehen, steht ihrem Land eine brillante Entwicklungsperiode und neue Blütezeit bevor. Zudem wird damit die Gefahr einer rechtspopulistischen Regierungsübernahme gebannt – etwas, das sich zwar keiner wirklich vorstellen kann und will, was aber nicht undenkbar wäre, wenn Macron scheitert.

Wenn Macron 2019 übersteht und seine persönlichen Wachstumsaufgaben annimmt, wird er wohl länger fest im Sattel sitzen und das Land integer durch den von ihm in Gang gebrachten Erneuerungsprozess führen. Nicht nur Frankreich, sondern uns allen ist zu wünschen, dass es ihm gelingen möge, die Franzosen an ihre Erneuerung heranzuführen und gemeinsam mit ihnen endlich anzupacken. In diesem Sinne: Vive la France!

Mehr zu Frankreich und seiner nationalen Aufgabe ist auch zu lesen in: „WIR SIND. In sich das Gemeinsame entdecken“ (C.N. Kloess, 2016)

Wie jeder Einzelne verfügt auch jedes Land über ein Ausgangspotential und steht für besondere Themen, derer es sich anzunehmen hat. Nicht nur der Einzelne hat eine Berufung, sondern Nationen ebenso. Diese orientiert sich an evolutionären Entwicklungsaufgaben. Ebenso wie jeder Einzelne mit seiner Kraft von Nutzen für die Gemeinschaft zu sein hat, haben wir uns als Kollektiv in Form einer Nation mit unseren nationalen Stärken zum Gedeihen der Weltgemeinschaft und zugunsten der Weltentwicklung einzubringen. Wie sich eine Nation entwickelt, mit Herausforderungen umgeht und in Verbindung mit anderen tritt, hängt letztlich von ihrem (kollektiven) Nationalitätsbewusstsein ab. Einerseits ergibt sich dieses aus der Historie und andererseits wird es von den Menschen und ihrem Umgang mit Vergangenheit und Gegenwart genährt.

Das, was in Deutschland passiert, ist eine grosse Chance für nachhaltige Erneuerung.
Der Schritt in das Neue will erfolgen, ohne dass dabei bewährte Werte verloren gehen.

Aktuell befindet sich unser Nachbarland Deutschland – wie viele andere Länder wie die USA oder Frankreich – in starken Veränderungsprozessen. Die Wahlen Ende September 2017 haben bestätigt, wie viel im Inneren dieser nationalen Seele gärt. Dass eine Partei den Sprung in den Bundestag geschafft hat – welche ganz und gar nichts mit neuem Gedankengut am Hut hat, von sich jedoch behauptet, das Land vorwärts bringen zu wollen – soll uns sehr wachsam werden, aber bitte nicht in Angst verfallen lassen. Diese Partei ist als Katalysator zu verstehen, um den Weg für die wirklich Fortschrittlichen zu ebnen (sofern diese das nicht verschlafen). Durch seine Präsenz löst dieser politische und unbewusst agierende Neuankömmling im Bundestag national vieles aus, erzeugt starke Gegenkräfte – und bewegt dadurch etwas. Die Wahlergebnisse vom 24. September 2017 sollen als Weckruf, Alarmsignal und Aufruf verstanden werden, nicht länger in alten, festgefahrenen Bahnen zu verweilen, sondern neue Wege zu gehen, ohne dabei jedoch in alte unbewusste Muster zu verfallen.

Es gilt, neu zu denken, neu zu gestalten, neu zu sein –
was auch bedeutet, aktuellen Herausforderungen mit neuen Lösungen zu begegnen.
Das ist aber nicht so einfach und deshalb kann es nicht schnell gehen.
Alles braucht seine Zeit, nichtsdestotrotz darf der Moment nicht verschlafen werden.

Als eine der Wenigen in der deutschen Parteienlandschaft hat es die FDP verstanden, sich neu zu erfinden, sich zu erneuern und vorwärts zu schreiten. Sie weiss nur allzu gut und aus eigener, zeitnaher Erfahrung was es bedeutet, sich vom Alten zu verabschieden und das Neue zu wagen. Nur wenn wir wissen, wovon wir sprechen, sind wir authentisch und können wirkungsvolle Arbeit leisten.

Zu einer starken eigenen Identität zu finden, zählt zu den Aufgaben vieler Nationen.
Für Deutschland ist das jedoch von zentraler Bedeutung.

Die Aufgabe der Nation ist es, die eigene Macht anzunehmen und konstruktiv auszudrücken. Die ihr verliehene starke Kraft soll, darf und muss in transformierter Weise eingesetzt und neu verstanden werden. Sie darf keinesfalls wiederholt missbraucht und falsch interpretiert werden, sondern die von Grund auf existierende Stärke und das tief verankerte Selbstbewusstsein wollen wohlwollend und verantwortungsbewusst zum Einsatz kommen.

Aktuelle Geschehnisse unterstützen die Nation und ihre Bürger dabei, ihr Bewusstsein zu schärfen und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, zu stärken. Brisante innenpolitische Entwicklungen wie beispielsweise das Aufkeimen rassistischer Gruppierungen aufgrund der großen Anzahl an Flüchtlingen sind als nationaler Prüfstein zu verstehen. Es handelt sich zugleich um Warnsignale, die den Zweck verfolgen, das Bewusstsein der gesamten Nation wachzurütteln, um sich definitiv von alten Weltbildern loszulösen, Ausgleich herzustellen und den Extremismus, der eine unreife und unausgeglichene Ausdrucksform von Stärke ist, zu verabschieden.

Der Umgang mit aktuellen und künftigen innen- wie außenpolitischen Herausforderungen wird zeigen, wie weit sich diese Nationenseele ihres Auftrages bewusst ist und bereit ist, sich geistig zu erneuern. Man wird sehen, ob sie bereit und reif dafür ist, ihre Energien in einem neuen Bewusstsein zum Ausdruck zu bringen. Es wird sich verdeutlichen, ob sie die Herausforderungen mit einem neuen, gesunden Selbstbewusstsein meistert und nicht mehr in alte extremistische Verhaltensweisen zurückfällt. Ignoranz, Intoleranz und Abschottung sind Gift für die gesunde Entwicklung der deutschen Nation. Für Deutschland geht es vor allem auch darum, den Mittelweg zwischen extremer Abgrenzung und absoluter Grenzenlosigkeit einzuschlagen. Mitgefühl zu zeigen und zu leben ist wichtig, doch darf dabei die Verantwortung gegenüber sich selbst nicht vernachlässigt werden. Eine Öffnung ohne Verlust der Eigenheiten gelingt dann am besten, wenn sie bewusst und kontrolliert vonstatten geht.

Drücken wir Deutschland die Daumen!

Mehr über Deutschland und die Aufgabenstellung anderer ausgewählter Nationen sind in „WIR SIND. In sich das Gemeinsame entdecken.“ (Christine Kloess, 2016, tao.de in Kamphausen Mediengruppe) nachzulesen.