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Frieden ist in vieler Munde und etwas, wonach sich viele Menschen sehnen. Dabei ist die Interpretation, was für den Frieden zu tun oder zu lassen ist, wovon er abhängt und was ihn ausmacht, sehr vielfältig und weitläufig. Hört man der Welt, der Öffentlichkeit und den Menschen zu, gewinnt man den Eindruck, Frieden sei etwas Hochkomplexes – und etwas, das fixen Vorstellungen und eigens definierten Vorstellungen zu folgen hat. Es erscheint als etwas, das nicht frei von Bedingungen ist.

Frieden bedeutet nicht für jeden Menschen das Gleiche. Was Frieden für den Einzelnen ausmacht, was ihm Frieden schenkt und welche Strategie er verfolgt, um Frieden herzustellen, ist sehr unterschiedlich. Jeder braucht etwas anderes, um in Frieden zu sein und zu leben. Das macht das Leben auf unserer Welt, die dem Gesetz der Polarität unterliegt, aus. Nichtsdestotrotz gilt eins für alle: Friede hängt nicht davon ab, was Andere tun oder nicht tun, sondern ist ein Resultat von der individuellen Tatkraft und dem bewussten Willen, ihn zu leben und zu kultivieren. Frieden beginnt immer bei sich selbst. Nie bei anderen.

Friede ist nicht etwas, das in Stille geschieht, sondern ist etwas Aktives –
etwas, das von unserer inneren wie äusseren Haltung,
Einstellung und Bewegung abhängt.
Friede ist eine Tat. Etwas, das wir bewegen, kreieren und machen. 

Sich für den Frieden einzusetzen, dazu ist jeder von uns jeden neuen Tag aufgefordert – innerlich wie äusserlich. Je mehr Menschen sich dem Frieden verpflichten, ihre Vision davon im Kleinen und im Grossen in die Umsetzung bringen, desto eher prägt Frieden den unmittelbaren Augenblick – auch wenn es bei jedem andere Komponenten sind, die diesen ausmachen. Frieden ist etwas, das einerseits sehr persönlich und dennoch neutral ist. Seine Energie und Wirkung ist für alle dieselbe. Wie sie erzielt wird, ist individuell.

Das Gegenteil von Frieden ist Unfrieden. Dieser stellt sich ein, wenn eine Situation, Handlungen oder Menschen in Ungleichgewicht geraten ist. Unfrieden ist, wenn Disharmonie herrscht. Er steht dafür, dass die Dinge in Ordnung gebracht und geklärt werden müssen. Doch dies bedingt zu verstehen, weshalb etwas überhaupt in Unordnung gekommen ist. Und dies verlangt wiederum nach der Offenheit und Neugier, sich mit den Menschen, den Zuständen oder den Umständen zu beschäftigen. Nur so kann eine umfassende Sichtweise gewonnen und der Ursache auf die Spur gekommen werden. Sich abzuwenden, sich in Ignoranz zu üben oder sich abzutrennen bringt nicht die gewünschten Resultate, sondern macht alles noch viel schlimmer. Für eine entstandene Unordnung, einen empfundenen Unfrieden gibt es immer mehrere Gründe, die sich meistens über eine gewisse Zeitspanne hinweg verstärkt haben. So können wir uns immer fragen, was es zu bewegen gilt und was zu tun ist, damit Ordnung geschaffen werden kann.

In Unfrieden für den Frieden zu kämpfen führt nur zu noch mehr Unfrieden.
Die grösste Wirkung wird erzielt, sich mit ganzer Kraft
entschieden friedvoll zu engagieren. 

Frieden ist etwas, das wir selbst kreieren, das wir selbst erschaffen – und dies jeden Tag wieder von Neuem. Für Menschen, die über eine starke Führungsbestimmung in der Öffentlichkeit verfügen und damit grossen Einfluss ausüben können, ist das Bewusstsein dafür enorm wichtig. Viel zu häufig ist beobachtbar: Wenn es um den Frieden geht, dann verfällt der eine oder andere ach so vermeintlich Mächtige plötzlich in Ohnmacht. Plötzlich erscheinen persönliche Macht und Einflussnahme trotz eines hohen Amtes sehr limitiert. Damit wird die Verantwortung, Frieden zu schaffen, abgegeben. Wenn es hingegen um eigene Interessen, Strategien und Prioritäten geht, scheint die persönliche Einflusskraft von Regierenden mächtig und schnell wirksam – dies auch dann, wenn es um komplexe, weitreichende Entscheidungen und delikate Aufgabenstellungen geht, die eigentlich tiefer überdacht und durchdrungen werden müssten. Und dieses Verhalten ist nicht nur bei vermeintlich mächtigen Amtsinhabern in Politik, Wirtschaft und Kirche dieser Welt beobachtbar, sondern bei vielen anderen Menschen ebenso.

Frieden geht uns alle an.
Je mehr Menschen sich daran machen in Frieden zu handeln,
desto weniger kann weder von einem einzelnen Menschen
noch von einer einzelnen Gruppe derart viel Unfrieden gesät werden,
sodass dieser alle anderen erfasst.

Frieden ist kein Zustand, sondern eine vorwärtsgerichtete Handlung mit der richtigen Absicht, die mit Enthusiasmus, Freude, Liebe, gesunder Neugier und vor allem in Respekt für alles Leben erfolgt. Friede entsteht nicht dadurch, nichts zu sagen, alles zu erdulden, zu akzeptieren oder zu verstehen. Es erfordert, klar und engagiert, aber friedvoll Stellung zu beziehen. Es bedingt den Willen, die Dinge in Ordnung zu bringen und einer Klärung zuzuführen. Dies gelingt einem am besten, wenn die Absichten rein und friedvoll sind – also Entscheidungen und Handlungen frei von Angst sind, weder einem schlechten Gewissen noch einem Schuldgefühl entspringen, keine Abgrenzung im Spiel ist und Eigennutz nicht der Treiber ist. Also eigentlich gar nicht so schwer!

Frieden ist kein Zustand, sondern ein Ergebnis persönlichen Agierens, das in Liebe und Offenheit geschieht. Es ist das Resultat der eigenen inneren wie äusseren Bewegungen in der Innen- und Aussenwelt.

In diesem Sinne – machen wir so weiter oder fangen heute endlich damit an.
Im Grossen wie im Kleinen.

Imagine Peace. Create it.

 

„Im 21. Jahrhundert wird es keinen dritten Weltkrieg geben. Wohl aber sind wir dabei die Zahl der gleichzeitig lebenden Menschen auf dem Erdball zu steigern. (..) Folge ist, dass diese Menschenmassen über Fernsehen, Internet hysterisierbar sind.“
Helmut Schmidt, Altbundeskanzler, 2007

Wir sind in bedeutsamen Zeiten und das Verhältnis von Individuum und Kollektiv wird massgeblich geprüft. Ein grosses Thema der kommenden zwanzig Jahre und darüber hinaus. In Massenbewegungen schlummern unkontrollierbare Gefahren. Kollektiver Fanatismus ist eine davon. Was die Macht des Kollektiv so besonders gefährlich macht, ist, dass die Masse den Einzelnen davor schützt, Verantwortung zu übernehmen. Oft wird ein Kollektiv schneller als ihm bewusst ist, ein Opfer gelebter Machtpolitik. Albert Einstein sprach immer davon, wie wichtig es sei, niemals damit aufzuhören, Fragen zu stellen. Sobald wir aufhören, die Gegebenheiten verstehen zu wollen und nach dem Weshalb zu fragen, entledigen wir uns der Verantwortung und übertragen die Handlungsvollmacht an andere.

Unbewusste, unkontrollierte und unbeschränkte Macht ist bedrohlich; in politischen Systemen ist es essentiell, dass die Macht nicht unbegrenzt an- und verwendbar ist. Viel zu oft, zu schnell und zu unüberlegt oder aus Angst werden innerhalb der Gesellschaft Menschen und Ideen angegriffen, die nicht der allgemeinen Norm entsprechen. Differenzierung, Individualität und Vielfältigkeit sind jedoch der Grund einer gesunden Lebenskultur.

Jeder von uns hat jederzeit aufmerksam zu beobachten, wie sich das allgemeine Verhalten entwickelt, um ungesunde Entwicklung rechtzeitig zu erkennen: Wird nach Lösungen gesucht? Sind öffentliche Äusserungen von Konstruktivität geprägt? Werden Herausforderungen positiv angegangen? Wird Eigenverantwortung gelebt? Oder wird die Schuld bei anderen gesucht und sind Negativität, Angst, Destruktivität und Drama den Ton angebend?

Unsere Gemeinschaft gedeiht nur dann, wenn Solidarität, Respekt und Toleranz gegenüber dem einzelnen Menschen gewahrt werden. Ausgrenzung Einzelner oder von Minderheiten durch Machtapparate deuten auf eine ungesunde Entwicklung hin. Mitmenschlichkeit und Mitgefühl zu fördern, ist eine der wichtigsten Aufgaben der modernen Gesellschaft. Von gesellschaftlicher Reife zeugt, wenn mit Freiheit, Friede, Vertrauen und Unabhängigkeit gefördert wird und die Würde und die Rechte des Einzelnen gewahrt werden.

Die Zukunft gehört den Nationen, die es verstehen, neue Wege einer freiheitlich geprägten und menschenfreundlichen Politik zu gehen – und nicht jenen, die menschenfeindliche Kontroll- und Machtpolitik betreiben. Die Vielseitigkeit als Basis einer gut funktionierenden Einheit macht den entscheidenden Unterschied.

Quelle: Christine N. Kloess, WIR SIND., 2016